16. Oktober 2016

Allgemeiner Hintergrund

Das Judentum in Deutschland weist eine sehr lange Tradition auf. Die erste urkundliche Erwähnung von Juden in Deutschland stammt aus dem Jahr 321 und bezieht sich auf die Stadt Köln. Zu dieser Zeit bestanden vermutlich weitere jüdische Gemeinden im deutschen Raum, für die es allerdings keine schriftlichen Belege gibt. Eine Zuwanderung von größerem Ausmaß setzte im 10. Jahrhundert ein. Bis zum Ende des 11. Jahrhunderts etablierten sich jüdische Gemeinden in den damaligen politischen und wirtschaftlichen Zentren wie Worms, Speyer, Mainz, Trier, Köln und Regensburg, die an wichtigen Wasserstraßen und Handelswegen lagen. Der süddeutsche Raum wurde somit früh zu einem Schwerpunkt jüdischen Lebens.

Juden als Stadtbewohner

Juden lebten zu dieser Zeit vorwiegend in Städten und siedelten dort in enger Nachbarschaft zur Bewahrung ihrer kulturellen und religiösen Identität. Explizit zugewiesene Wohnbezirke, außerhalb derer Juden nicht leben durften, entstanden erst in späterer Zeit. Die Zahl der Juden in Deutschland war immer vergleichsweise gering. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung belief sich meistens auf unter ein Prozent.

Juden als Motor der wirtschaftlichen Entwicklung

Das Hauptmotiv zur Aufnahme von Juden war meistens ökonomischer Art. Hoch geschätzt war vor allem ihre Tätigkeit als Kaufleute und Händler, weil sie damit einen bedeutenden Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung leisteten. Zu einem weiteren wichtigen Erwerbszweig wurde allmählich der Geldhandel – vor allem seit die Kirche anlässlich des Dritten und Vierten Laterankonzils in den Jahren 1179 und 1215 der christlichen Bevölkerung die Geldleihe gegen Zinsen untersagte. Von vielen anderen Berufszweigen waren Juden dagegen ausgeschlossen. Landwirtschaftliche Betätigung war ihnen meistens durch entsprechende Gesetze untersagt. Auch die Ausübung des Handwerks war Juden nicht möglich, da sie den christlichen Zünften nicht beitreten konnten. Die Berufsstruktur der Juden war damit von Anfang an stark durch weltliche und kirchliche Gesetzgebung geprägt.

Prekärer rechtlicher Status der Juden

Die rechtliche Lage der Juden unterschied sich – bis weit ins 19. Jahrhundert – grundlegend von derjenigen der christlichen Bevölkerung. Sie unterstanden direkt der Krone, die ihre Rechte an den Juden – vornehmlich diejenigen, Steuern und Abgaben zu erheben – veräußern, verpfänden und verpachten konnte. Die Rechte, die Juden zugestanden wurden, konnten jederzeit wieder aufgehoben werden. Diese unsichere Rechtslage führte in Krisenzeiten immer wieder zu Verfolgungen und Vertreibungen.